Schon allein das Aussprechen seines Namens erfüllt mich mit Ehrfurcht, lässt mich ein wenig zittern und ein leises Kribbeln durch und über meinen Körper laufen:
Brahmaputra
Dieser längste und wasserreichste Fluss Asiens nimmt seinen Anfang in den eisigen Höhen des nördlichen Himalayas und ergiesst sich nach über 3000 Kilometern in den Golf von Bengalen. Die Landschaften, die er durchreist und gestaltet, sind so verschieden wie Tag und Nacht. Der Strom ist eine Urgewalt. Er ist heilig. Wenn ein Fernsehsender einen Film über ihn ausstrahlt, sitze ich andächtig vor dem Schirm und nehme soviel in mir auf, wie ich kann.
Einmal, vor sehr langer Zeit, war ich bei ihm, an einem seiner Ufer. Das kam so:
Es war während einer Meditationsübung. Ich stand da, die Hände über den Kopf gehoben, die Augen geschlossen, und atmete gleichmässig. Und plötzlich war ich weg, ohne Vorwarnung, reiste augenblicklich tausende von Jahren zurück und stand als Schilfrohr an einem Fluss, so breit wie ein riesiger See. Dort lebte ich mit unzähligen anderen Schilfpflanzen. Es war wunderbar still, abgesehen vom feinen Rascheln, das ein zärtlicher Wind in unseren Blättern erzeugte. Wir wiegten uns sanft. Und irgendwo in mir schwang sein Name: Brahmaputra.
Dort stehend und wiegend erkannte ich, dass mein Bewusstsein im Schilfrohr dasselbe war und ist, wie dasjenige in mir heute.
So rasant wie ich verreist war, kehrte ich zurück. Seither klingt ein Lied in mir:
Ich habe gelebt als Schilfrohr
Am Brahmaputra
Als es auf der Erde
Noch ganz stille war
Und der Wind hat uns bewegt
Und der Wind hat uns bewegt
Und, so fühle ich, das tut er heute noch,
DER GROSSE ATEM